Die Verbindung der innerstädtischen Stadthälften über die obere Stadtspree ist durch eine Lücke im Brückennetz spürbar geschwächt. Umwegverkehr und Staus sind die Folge. Im Bereich dieses Spreeabschnitts laufen die Köpenicker Strasse auf Kreuzberger Seite und die Mühlenstrasse auf Friedrichshainer Seite auf 1,4 km Länge durch den Strom getrennt parallel zueinander. Die Vernetzung der beiden Bezirksteile und die Entwicklung ihrer Uferbereiche ist behindert.
Aus diesem Grund ist die Errichtung einer Brückenverbindung am Standort der ehemaligen Brommybrücke Programm des Senats von Berlin. Eine neue Brommybrücke knüpft die fehlende Verbindung in einem sich Richtung Mitte verengenden Netz der innerstädtischen und innenstadtnahen Brücken der oberen Stadtspree. Die Abstände der Brücken betragen in diminuierender Abfolge: Oberbaumbrücke / neue Brommybrücke / Schillingbrücke / Michaelbrücke / Jannowitzbrücke – 740 m / 600 m / 530 m / 400 m.
Im Zeichen der Konversion funktionslos gewordener flussbegleitender Industrie- und Speicherflächen kann eine "bewohnte" Brommybrücke als Überbautenbrücke einen besonderen Anstoß für die Entwicklung der beidseitigen Uferzonen bilden. Sie kann Aktivitäten hin- und herüber leiten, zusammenfassen und intensivieren. Eine "bewohnte" Brücke bringt Arbeits- und Freizeiträume ans Wasser und bietet eindrucksvolle Überblicke über den Wasserspiegel auf übergeordnete Stadtstrukturen.
Im Gegensatz zu den historischen Überbautenbrücken, deren Erbauer nicht vorrangig den Reiz des Überblicks über eine überspannte Flusslandschaft beachteten und allenfalls einen inszenierten Ausblick aufs Wasser im Scheitelpunkt der Brücke boten, soll unter den heutigen Bedingungen der Technologie und der Nutzungserfordernisse dem Passanten auf ganzer Brückenlänge der Anblick des Stromes, Spree, und des umgebenden Stadtpanoramas mit seinem Orientierungsbauwerk, Oberbaumbrücke, geöffnet werden.
Die Hybridnutzung einer "bewohnten" Überbautenbrücke soll sich – charakterisiert durch den transitorischen Verkehr sowie den stationären Interaktionsraum – in einer für beides gültigen Gestalt darstellen. Den gemeinsamen formgebenden Nenner bilden die konstruktiven und dynamischen Bedingungen der Brücke.
Den Überbau bildet die Tragkonstruktion. Von dieser ist die Brückenplatte abgehängt. Das Tragwerk führt mittels Stützenscheiben seine Last in die Strompfeiler und Widerlager ab. Die stützenden Bauteile werden oberhalb der Platte zur vertikalen Erschließung herangezogen. Die Strompfeiler werden rekonstruiert und erhalten ihre Bekleidung aus bossiertem fränkischen Muschelkalk wieder, wie sie von Alfred Messel konzipiert wurde. Die Stützenscheiben oberhalb der Fahrbahnebene werden mit großformatigen Platten des gleichen Steins belegt.
Über der jeweiligen Spur der Abhänger für die Brückenplatte erstreckt sich parallel zum Gradientenbogen das überhöhte Tragwerk. Dieses ist als räumliches Tragwerk zu je einer tragenden Gitterröhre dreidimensional verformt, in deren Innerem Volumen für Nutzraum entsteht.
Die beiden Nutzkörper in Form der Gitterröhren sind so gestaltet, dass im Mittelfeld eine Höhe für zwei Geschosse und eine Breite für eine zweibündige Anordnung gewonnen wird. Die Geometrie erzeugt eine Verschwenkung der Enden, die ermöglicht, dass die Haupterschließung der Nutzkörper nicht vom Straßenland sondern von den begleitenden Ufergrundstücken aus erfolgen kann. Der Endpunkt des westlichen Körpers schließt an die geplante Bebauung der Kreuzberger Seite an, der östliche an die der Friedrichshainer Seite. An diesen beiden Stellen befinden sich die Haupteingangshallen mit Vorfahrten und den notwendigen Parkplätzen.
Das räumliche Tragwerk der Oberkonstruktion ist in Stahlverbundbauweise erstellt. Dieses wird allseitig mit einer Haut aus Glas bzw. Stein-Glas-Verbundmaterial überfangen, deren energetisches Konzept sich aus ihrer Lage über dem Wasser entwickelt. Die begleitend zum Gradientenverlauf gebogenen Unterseiten der Nutzkörper sind glatt und rückstrahlend ausgebildet. Sie dienen als Reflektoren für das lebendige Licht des Wasserspiegels bei Tag und der indirekten Brückenbeleuchtung bei Nacht.
Die Verformung der konstruktiven Gitterröhren wird durch die räumliche Übertragung der Fahrbahngradiente generiert. Durch diesen räumlichen Bezug definieren sich die Nutzkörper als einen Teil der in Bewegung wahrgenommenen Verkehrsfunktion. Alle Bauteile beziehen sich geometrisch aufeinander und bilden zusammen die erfassbare Gestalt eines Bauwerks des Übergangs: eine Brücke.